Rede zum Haushalt am 14.12.2022
Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, Herr Bürgermeister, Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
der Charme der Opposition ist es, dass ich heute zum ersten Mal für meine Fraktion eine Rede zum Haushalt halten darf. Das mache ich sehr gern.
Als wir im Dezember 2020 den Haushalt für die folgenden zwei Jahre verabschiedet haben, wies unser damaliger Bürgermeister zwar darauf hin, dass wir in den nächsten Jahren sparsam mit den Finanzen umgehen müssten, aber der Haushalt ausgeglichen sei.
Dann wurde auf einen Schlag alles anders. Auch in Wunstorf kam die Corona-Pandemie an und zwang uns zu außerplanmäßigen Maßnahmen. Die IT-Landschaft der Schulen und der Stadtverwaltung musste schnellstens modernisiert, die erforderliche Infrastruktur geschaffen werden. Auch die Politik musste sich anpassen. Ausschüsse und Sitzungen wurden abgesagt, Entscheidungen in einem sehr kleinen Rahmen getroffen. Dieses änderte sich erst, nachdem auch die Verwaltung endlich zu online-Sitzungen überging. Dann wurde die Pandemie in ihren Auswirkungen schwächer, alle hofften…wir haben es geschafft.
Im Februar der Schock, Putin überfiel die Ukraine, dieser grausame Krieg hält weiter an. Unsere Hoffnung über fast 80 Jahre, nie wieder Krieg in Europa, ist zerstört. Die Folgen sind Menschen, die vor Krieg fliehen, unsere Hilfe und Unterstützung benötigen. Dabei hat sich in Wunstorf eine Welle der Hilfsbereitschaft gezeigt, die unseren Respekt verdient. Viele Menschen beteiligen sich ehrenamtlich, helfen und unterstützen.
Dafür möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich Danke sagen.
Im November 2021 hat sich der neue Rat konstituiert, es sind viele neue Gesichter dazu gekommen und altbekannte sind nicht mehr dabei. Herr Piellusch hat sein Amt als Bürgermeister aufgenommen, seit Juli ist Frau Nickel die neue Sozialdezernentin. Alle mussten sich in dieser Situation erst finden, es läuft nicht alles rund, die Kommunikation bedarf weiterhin der Verbesserung.
Der Haushalt 2022 ist durch nicht durchgeführte Maßnahmen und Rücklagen ausgeglichen, da die Ausgaben sich in das neue Haushaltsjahr 2023 verschieben. Durch die fortlaufende Übertragung von Mitteln in die Folgejahre wird deutlich, es gibt nicht unbedingt ein Finanzierungsproblem, sondern viel mehr ein Umsetzungsproblem in Wunstorf.
Unabhängig davon könnte sich der Schuldenstand lt. Entwurf für das Jahr 2023 auf bis zu 87 Mio erhöhen und auch in den kommenden Jahren scheint es kein Ende der hohen Ausgaben zu geben. Hier rächt sich die Jahrzehnte lange Sparsamkeit, nun wird vieles auf einmal nötig. Und das zu einer Zeit, in denen anders als in den Vorjahren Mittel und Firmen ein knappes Gut sind.
In dieser Situation ist es nicht leicht für die nächsten Jahre zu planen.
Die Aufgaben und Probleme unserer Stadt bleiben und große Wahlversprechen wurden bis jetzt nur zögerlich begonnen. Vielmehr werden die Beschlüsse der letzten Wahlperiode als eigene Erfolge gefeiert!
Fehlende Kita-Plätze, baufällige Schulen und Feuerwehrhäuser, Klimawandel, Energiekrise und Flüchtende. Wir müssen die kommunale und gesellschaftliche Daseinsvorsorge auf Priorität 1 setzen und uns dann um die freiwilligen Aufgaben der Kommune kümmern, nicht andersherum.
Es müssen Einnahmen generiert, nicht unbedingt notwendige Ausgaben unterlassen werden. Die Kosten für eine Tourist-Info als freiwillige Leistung gehört jedenfalls momentan nicht dazu. Dort setzen wir unsere Priorität und werden dieser Ausgabe nicht zustimmen!
Wir haben den Haushaltsentwurf intensiv auf Einsparungen geprüft. Allerdings haben wir sehr kostspielige Projekte bereits begonnen, die geplanten Ausgaben dafür haben sich während der Planungszeit mehr als verdoppelt!
Wir werden Wunstorfs Elements erweitern, die Grundschulen werden sukzessive zu Ganztagsschulen ausgebaut, die Erweiterung des Hölty-Gymnasiums macht Fortschritte.
Nun soll statt dringend nötiger neuer Turnhallen ein kostspieliges Sportzentrum in der Barne entstehen, ein weiteres in Steinhude ist in Planung. Das können wir uns nicht leisten.
Es sind fast 4 Millionen Euro als Auszahlungen des Finanzhaushaltes veranschlagt. Monatlich müssen also mehr als 300.000 € für die Kredite aufgebracht werden. Diese Mittel fehlen für künftige wichtige Projekte!!!
Auch gibt es viel Bautätigkeit in Wunstorf. Wohnungen und Häuser werden saniert und gebaut, diese allerdings meist in einem hohen Preissegment. Nach wie vor fehlen die im Wahlkampf versprochenen bezahlbaren Wohnungen.
Hier liegt unsere Hoffnung auf dem Vion-Projekt, dass leider durch immer neue Anpassungen noch nicht in der Umsetzung ist.
Das Kredo muss weiterhin sein, neue Flächen nur gegen Ausgleich zu versiegeln und freiwerdende Flächen zu entsiegeln.
Der Ausbau der E-Mobilität geht schleppend voran, Verkehrswende in Wunstorf? Bisher Fehlanzeige.
Die Grünen wollen den Ausbau des Radverkehrs durch einen Fördertopf unterstützen, abgelehnt. Aber Wunstorf will sich mit dem Begriff „Fahrradstadt“ schmücken.
Anpassungen an den Klimawandel werden nur dann angefangen, wenn die Gesetze des Bundes es vorgeben.
Wir haben den Haushalt auch auf diesen Aspekt geprüft, kleine Ansätze konnten wir finden.
Klimaschutzmaßnahmen sind der geringste Kostenfaktor im Haushalt!!
„Klimaschutz muss Priorität bekommen“, „Klimaschutz sei seit jeher eine Selbstverständlichkeit“. So steht es in den Wahlprogrammen von SPD und CDU. Zu sehen ist davon nichts.
Denn dazu bedarf es Mut zu Veränderungen, den vermisse ich leider viel zu oft. Weder Haushaltsanträge dazu, noch wegweisende Beschlüsse. Mit Kleinkram, wie die Förderung von Balkonkraftwerken, wird Wunstorf seinen Teil zum Klimaschutz nicht beitragen. Sie ignorieren die größten Herausforderungen und die Ängste der folgenden Generationen!
Klimafolgenanpassungen und Starkwettereignisse müssen endlich ernst genommen werden. Außer Gesprächen ist dazu bisher nichts passiert, nicht einmal der Notfallplan der Stadt ist aktuell, wie unsere Anfrage aufdeckte.
Wir wollen eine*n Biodiversitätsmanager*in für Wunstorf. Vollständig gefördert durch den Bund. Das Thema hat höchste Priorität in der UN und gilt laut Weltwirtschaftsforum zu einer der Top 3 Gefahren für die Wirtschaft. Sie lehnen ab!
Den Beitritt zum Verein Biologische Vielfalt in Kommunen wollen Sie lieber prüfen lassen, statt Erfahrungsaustausch und Wissensaufbau zu ermöglichen.
Grundsatzbeschlüsse zur Abkehr von fossilen Brennstoffen lehnen Sie ebenfalls ab.
Es wird offensichtlich: selbst aus der aktuellen Energiekrise haben Sie nichts gelernt!
Wir sollten mit den Ressourcen arbeiten und Energie gewinnen, die uns die Natur bietet, ohne ihr zu schaden. Dafür müssen ausgewiesene Flächen für den Bau von Windrädern freigegeben werden, auch wenn es in Wunstorf wenige sind.
Da hilft der Verweis auf Nachbarkommunen nicht weiter, wir sind für das Wohl und die Zukunft unserer Bürger*innen zuständig, nicht andere.
Wir werden weiter am Thema bleiben. Das sind wir unseren Wähler*innen schuldig.
„Klimaschutz muss Priorität bekommen“, „Klimaschutz sei seit jeher eine Selbstverständlichkeit“.
Dass sich nicht konstruktiv mit dem Thema auseinandergesetzt wird, erkennt man daran, dass Sie nicht einmal Änderungsanträge zu unseren Vorschlägen erstellen. Statt der propagierten Willensbekundung, mit allen demokratischen Parteien gut zusammenarbeiten zu wollen, spielen Sie das alte „Oppositionsanträge werden abgelehnt“-Spiel.
Das unsere Anträge grundsätzlich abgelehnt werden, war uns bereits beim Abbruch der Koalitionsverhandlungen angekündigt worden, es ist also keine Überraschung!
Es zeigt aber sehr deutlich den Unterschied zwischen Wahlversprechen und der Arbeit in der politischen Verantwortung. Es geht so weiter wie seit Jahren, Änderungen nur, wenn es nicht persönlich weh tut.
Dazu gehört auch die Aussage der SPD Fraktion, dass sie keine Anträge stellen muss, da ihre Wünsche alle umgesetzt werden.
Mit solchen und ähnlichen Äußerungen werden überflüssige Giftpfeile in Richtung Opposition geschossen und der eigene Bürgermeister geschädigt, da dieser dem Neutralitätsgebot der Hauptverwaltungsbeamten*innen verpflichtet ist.
Carsten Piellusch hat in seiner Rede zur Einbringung des Haushalts gesagt:
„Wir werden den Mut brauchen, die Einnahmeseite unserer Stadt deutlich zu stärken, Prioritäten zu setzen und Einsparpotenziale zu realisieren“.
Von diesem Mut ist bisher nicht allzu viel zu sehen.
Wir haben unsere Forderungen für das nächste Jahr gering gehalten, denn wir sehen auch, dass durch die gestiegenen Kosten in allen Lebensbereichen keine weiteren großen Projekte mehr möglich sind.
Aus all den genannten Gründen wird klar, die Grünen können die Verantwortung für diesen Haushalt 2023 nicht mittragen, wir werden ihn ablehnen!
Zum Schluss möchte ich mich für die Zusammenarbeit herzlich bedanken. Bei den Mitarbeitenden in der Verwaltung, die in den letzten Jahren unter erschwerten Bedingungen arbeiten müssen. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, schmälert das nicht die Ergebnisse.
Mein Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen, die immer gesprächsbereit und über Parteigrenzen hinweg an einer guten Zusammenarbeit interessiert sind.
Nach wie vor sind wir für gute Ideen offen und zur Zusammenarbeit mit allen demokratischen Parteien bereit.
Es gibt noch viel zu tun, und die Grünen werden sich weiterhin für die positive Zukunft Wunstorfs stark machen. Ein weiter so kann und darf es nicht mehr geben!
Ich wünsche allen ein schönes Weihnachtsfest und einen Guten Rutsch ins Jahr 2023.
Wunstorf, den 14.12.2022
Anne Dalig
Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN
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